Montag, 21. Mai 2012

Mit Kanonen auf Hähne schießen



Nachdem ja jetzt einige Tage weniger gepostet wurde, werde ich heute ein wenig über unsere Arbeit hier, das Krankenhaus und das Gesundheitssystem, soweit wir das bisher mitbekommen haben, schreiben.
ich verteidige "haut-koenigsbourg"
Vorne weg nur kurz, was wir die letzten Tage so unternommen haben: Nach unserem kilometereichem letzten Wochenende sind wir die ganze Woche in Strasbourg geblieben und haben das französische Leben genossen, sprich viel Baguette gegessen und unsere (praktischen) Weinkenntnisse erweitert. Wir waren im Park de la Citadelle und den ganzen Feiertag (Himmelfahrt) im Orangeriepark. Von Herrentag, so wie wir es teilweise kennen (mit Fahrradtour und Herrengedeck) ist hier nichts zu merken. Außerdem haben wir die Kathedrale von innen besichtigt und am Sonntag sogar die tägliche Vorstellung der in der Kathedrale befindlichen astronomischen Uhr mitbekommen – anschließend ging es zum Tag der offenen Tür im Europaparlament. Samstag haben wir wieder eine Radtour (diesmal ca. 55km) nach Selestat unternommen, wo wir während der Nacht der Museen die mittelalterlich restaurierte Burg „haut Koenigsbourg“ besichtigten. Außerdem haben wir dort mit Franzosen in einer Kneipe das Championsleaguefinale gesehen, auf das ich, aus Rücksicht auf die noch frischen Wunden einiger Leser, nicht näher eingehen will.
Angelika, Jasmin, Julia in Selestat

Nun aber zu unserem Job hier:

Am Anfang war es gar nicht so einfach sich zurecht zu finden. Das System gleicht eher dem amerikanischen und dem, was wir in Korea teilweise mitbekommen haben, als dem deutschen. An unserem ersten Tag haben ja grade die sogenannten „internes“ gewechselt und waren neu auf den Stationen. Ich bin dann ja gleich mit zwei von denen in den OP (en bloc) gegangen und hab die erstmal für Studenten gehalten. Zum Glück hat sich unsere Unterhaltung auf eine kurze Vorstellung beschränkt, da es sich um einen Chinesen und eine Italienerin handelte. Die hab ich auf Grund meiner beschränkten Französischkenntnisse und deren ausgeprägten Akzent erstmal gar nicht verstanden. Wer weiß in welche Fettnäpfchen ich getreten wäre, wenn die Unterhaltung funktioniert hätte. Dass ich nicht der Einzige bin der Probleme damit hat, die auch noch sehr jung aussehenden Internes zu erkennen, habe ich dann einige Tage später gemerkt, als die OP-Schwester die fertigen Ärzte wie Studenten, die zum ersten mal im OP sind, darauf hingewiesen hat, dass alles, was grün ist, steril ist.

die Allee der Störche, auf jedem Baum ein Nest
Die „internes“ sind also sowas wie bei uns die Assistenzärzte, allerdings irgendwie doch auch anders. Während bei uns die Assistenten der Chirurgie bis zum Facharzt eine vorgegebenen Anzahl von Operationen eigenständig absolvieren müssen, darf man hier vor dem Facharzt gar nicht operieren. Ab und zu dürfen sie hier bei OP’s assistieren oder bei laparoskopischen Operationen die Kamera halten. Außerdem sind sie für die Station zuständig; bei uns auf der 2211 gibt es allerdings nur ca. 10 Zimmer (mit jeweils ein oder zweit Patienten), die sich die drei „internes“  teilen. Die Visite mit dem „chef de service“ findet erst nachmittags, meist erst gegen 17 uhr, statt. Nicht selten ist dann erst gegen 19 Uhr Feierabend. Die Zeit bis dahin überbrücken die Assistenzärzte hier damit im OP zuzugucken (also wie wir) oder sich in ihr Dienstzimmer zu setzen und Anatomie sowie Operationstechniken zu pauken. Das führt dann manchmal dazu, dass wir drei Deutschen im Zimmer stehen und nichst zu tun haben und drei Assistenten an ihren Schreibtischen sitzen und lernen. Wie gesagt, wir machen uns hier nicht kaputt.
Orangeriepark

Jede der drei Stationen hat einen „chef de service“ und dann gibt es noch eine Gruppe Professoren, die meist operieren. Das Highlight der letzten Woche: eine Nebenschilddrüse (die normalerweise, wie der Name schon sagt, neben der Schilddrüse liegt) IN der Schilddrüse. Als der Operateur das dann gemerkt und diese schwierige Situation trotzdem gut gemeistert hatte, stapfte er durch den OP-Saal und rief immer wieder: „yes, yes... parfait, c’est exceptionnel, exceptionnel“.  


Europaabgeordnete Dr. J. Hölzel
Jasmin baut Schiff



Fußballgucken im Straßencafé
Für die digestive und endokrine Chirurgie (also Chirurgie des Verdauungstraktes und der hormonproduzierenden Organe) unter dem Chefarzt Prof. Maresceaux ist die Uniklinik Strasbourg eine echte Kapazität. Das IRCAD (Institut de Recherche contre les Cancers de l'Appareil Digestif) Institut bietet mehrmals im Monat Kongresse zur laparoskopischen Chirurgie an. An einem solchen Kongress nehmen wir diese Woche als Gasthörer teil. Der erste Tag heute war schon ganz interessant, auch wenn die Sprache der Vortragenden („Frenglish“) teilweise schwer zu verstehen ist (für mich allerdings immernoch besser als Französisch). Wir sind leider immer nur vormittags anwesend, da der Nachmittagskurs für die zahlenden Teilnehmer reserviert ist. Hierbei werden bestimmte laparoskopische Operationstechniken an Schweinebäuchen geübt. Die nächsten Tage werden wir versuchen zumindest einmal dabei zu sein, um zu sehen, wie das abläuft.

1 Kommentar: